Maßnahmen gegen die weitere Versiegelung von Vorgärten

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

 

die Fraktion der SPD im Rat der Stadt Würselen beantragt folgende Beschlussfassung:

    1. Im Rahmen der Aufstellung von neuen und der Änderung von bestehenden Bebauungsplänen sowie bei der Erteilung von Baugenehmigungen soll eine naturnahe Gartengestaltung festgeschrieben werden. Die Anlage von Kies- und Schottergärten wird nicht gestattet. Gartenflächen und Vorgärten sind zu begrünen. Zudem sollen vorwiegend einheimische Pflanzen angepflanzt und dauerhaft erhalten werden.
    2. Im Stadtgebiet Würselen ist die Neuanlage von Kies- und Schottergärten untersagt.
    3. Die vorgenannten Vorgaben und Maßnahmen sind in regelmäßigen Abständen von Seiten der Stadt zu kontrollieren.
    4. Besitzer, die ihre Gärten entsiegeln indem sie versiegelten Boden (z. B. Schottergärten oder asphaltierte Flächen) entfernen, sollen von der Stadt einen finanziellen Zuschuss von x Euro pro Quadratmeter erhalten und/oder einen Zuschuss für den Erwerb von einheimischen Pflanzen erhalten, die zur Begrünung der vormals versiegelten Flächen verwendet werden.
    5. Die Verwaltung wird beauftragt, weitere Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit durchzuführen und durch wirkungsvolle Informationsarbeit für die Anlegung von naturnahen Gärten zu werben. Dazu sollen die von der Verwaltung bereits in der Sitzung des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses vom Juni 2019 vorgeschlagenen Maßnahmen (Vorlage – VO/19/0208) durchgeführt werden. Insbesondere soll Informationsmaterial auf der Homepage veröffentlicht und im Rathaus am Infostand oder in öffentlichen Gebäuden zur Verfügung gestellt werden.

 

Begründung:

Schottergärten bieten keinerlei Lebensraum für Insekten oder sonstige Tierarten, die dringend auf Grünflächen angewiesen sind. Jede noch so kleine Grünfläche ist daher für das ökologische Gleichgewicht wertvoll und sollte daher erhalten werden. Zudem filtern auch kleinste Grünflächen Feinstaub aus der Luft, produzieren lebensnotwendigen Sauerstoff und sorgen damit für ein besseres Stadtklima.

Schottergärten tragen zudem zu einer deutlichen Aufheizung des Stadtklimas bei. Die Sommermonate werden immer wärmer und die Schottergärten heizen das Klima im innerstädtischen Bereich nachweislich weiter auf. Die Temperaturen in den stark versiegelten Innenstädten liegen in den heißen Sommermonaten deutlich über den Temperaturen in begrünten Stadtbereichen. Die erhöhten und teilweise unerträglichen Temperaturen in den Sommermonaten können eine Belastung für viele, insbesondere auch ältere Menschen sein, die unter den immer stärkeren Hitzeperioden leiden.

Aber nicht nur die Aufheizung des Stadtklimas wird durch die Schottergärten gefördert. Durch die versiegelten Flächen kann kaum mehr Wasser bei den immer häufiger vorkommenden Starkregenfällen versickern. Überflutete Straßen und Keller sind oftmals die Folgen übermäßiger Bodenversiegelung. Grünflächen hingegen können Wasser aufnehmen und speichern. Das gespeicherte Wasser im Boden sorgt dann wiederum bei warmen Temperaturen für eine angenehme Luftfeuchtigkeit.

Trotz der genannten Argumente ist der Trend zu den vermeintlich pflegeleichten Schottergärten ungebrochen.

Bereits im Juni 2019 beauftragte die Fraktion der SPD die Verwaltung darzustellen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Anlage von Schottervorgärten beschränkt oder gänzlich verboten werden kann und wie eine Beschränkung oder ein Verbot ordnungsrechtlich durchgesetzt werden kann.

Die Verwaltung kam zu dem Ergebnis, dass die Stadt ein Verbot zum Anlegen von Schottergärten in neuen Baugebieten erlassen kann. Als problematisch wurde jedoch die Kontrolle dieses Verbotes dargestellt.

Im Ergebnis hieß es weiter, dass die Stadt ein Verbot zum Anlegen von Schottergärten in den textlichen Festsetzungen in Bebauungsplänen aufgreifen kann. Zur rechtlichen Durchsetzung dieser Vorschriften müsste jedoch für das gesamte Stadtgebiet eine Satzung erstellt werden, in der das Anlegen von Schottergärten und versiegelten Flächen auf privaten Grundstücken untersagt wird. Kontrollen und die daraus resultierenden Verfahren, die bei Verstößen gegen die Satzung eingeleitet werden müssen, seien jedoch aufgrund fehlender personeller Kapazitäten nicht durchführbar. Im Rahmen von Baugenehmigungen wären solche Vorschriften zwar ebenfalls denkbar, aber auch hier wären die Kontrollen (mit den damaligen Personalkapazitäten) nicht zu realisieren.

Statt eines Verbotes wurde daher von der Verwaltung vorgeschlagen, durch Aufklärung und wirkungsvolle Überzeugungsarbeit zu versuchen, für unversiegelte, möglichst naturnah begrünte Flächen in Gärten und Vorgärten zu werben und mit gutem Beispiel voran zugehen. Wettbewerbe, kostenlose Abgabe von Saatgut für kleine Blühinseln und gutes Infomaterial zum Downloaden auf der Homepage oder zum Abholen im Rathaus am Infostand oder in öffentlichen Gebäuden sollten initiiert bzw. erstellt werden.

Leider hat sich jedoch in den vergangenen 17 Monaten gezeigt, dass die Aufklärungsarbeit und die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht ausreichen, um dem Trend – hin zu mehr Schottergärten – Einhalt zu gebieten.

Bereits im § 8 der Landesbauordnung NRW ist Folgendes festgeschrieben: Die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind 1. wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und 2. zu begrünen oder zu bepflanzen, soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Flächen entgegenstehen. Satz 1 findet keine Anwendung, soweit Bebauungspläne oder andere Satzungen Festsetzungen zu den nicht überbauten Flächen treffen.

Demzufolge ist die Anlegung von versiegelten und unbegrünten Garten und Vorgärten schon heute nicht zulässig. Dennoch hat sich in den letzten Jahren der Trend zu den vermeintlich pflegeleichten Schottergärten durchgesetzt und mehr Vorgärten werden, mit einer wasserundurchlässigen Folie versiegelt und mit Schotter ausgelegt.

Daher beantragt die SPD, im Rahmen der Aufstellung von neuen und der Änderung von bestehenden Bebauungsplänen eine naturnahe Gartengestaltung festzuschreiben und somit die Anlegung von Kies- und Schottergärten zu untersagen. Gartenflächen und Vorgärten sind zu begrünen. Zudem sollten einheimische Pflanzen angepflanzt und dauerhaft erhalten werden.

Diese Vorgaben sollen zukünftig nicht nur im Rahmen von neuen Bebauungsplänen gemacht werden, sondern auch bei einzelnen Baugenehmigungen festgeschrieben werden.

Zudem soll auch bei bestehenden Wohngebieten, durch die Aufstellung einer Satzung für das gesamte Stadtgebiet, zukünftig die Neuanlegung von Kies- und Schottergärten untersagt werden.

Wie die Verwaltung bereits im Jahr 2019 ausgeführt hat, sei es damals jedoch aufgrund fehlender personeller Kapazitäten, nicht möglich, die gemachten Vorgaben zum Umweltschutz nachhaltig zu kontrollieren.

Da das Thema Umweltschutz jedoch zukünftig immer stärker Berücksichtigung finden muss, sollten die personellen Kapazitäten für diesen Bereich erhöht werden. Hierbei bitten wir die Verwaltung darum, uns Möglichkeiten darzustellen, wie hoch der personelle Bedarf ist, um zukünftig die Vorgaben zum Umweltschutz in den neuen Bebauungsplänen und den Baugenehmigungen nachhaltig kontrollieren zu können. Falls die mittlerweile zusätzlich vorhanden personellen Kapazitäten im ordnungsbehördlichen Bereich nicht ausreichend sind, um regelmäßige Kontrollen auch im Umweltbereich durchführen zu können, beantragen wir eine Aufstockung der Kapazitäten.

Da jedoch schon viele Gärten in den letzten Jahren versiegelt wurden, soll über die Möglichkeit nachgedacht werden, den Eigenheimbesitzern einen Anreiz zu bieten, bereits versiegelte Flächen wieder zu entsiegeln und ökologisch aufzuwerten.

Dazu könnte von Seiten der Stadt ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, der sich zum einen auf die Größe der zu entsiegelnden Fläche bezieht und zum anderen einen Zuschuss zu den Kosten für die Pflanzen ermöglicht. Dieser Zuschuss sollte jedoch an die Bedingung geknüpft werden, zur Begrünung der Flächen ausschließlich einheimische, d. h. ökologisch wertvolle Pflanzen (z. B. blühende bienenfreundliche Stauden oder einheimische Heckenpflanzen) zu nutzen.

Wir bitten die Verwaltung, Möglichkeiten darzustellen, wie einen solchen finanziellen Anreiz zur Flächenentsiegelung geschaffen werden kann und aufzuzeigen, welcher finanzielle Zuschuss sinnvoll wäre.

Um weiterhin für die Anlegung von naturnahen Gärten zu fördern, ist es wichtig, die Bürgerinnen und Bürger nicht nur mit einem Verbot dazu zu bringen, Naturschutzmaßnahmen durchzuführen. Die regelmäßige Information zu diesen Themen ist daher unerlässlich und wesentlicher Bestandteil nachhaltiger Naturschutzpolitik. Nur wenn die Bürgerinnen und Bürger den Sinn dieser Maßnahmen akzeptieren und nachvollziehen können, wird im Sinne einer nachhaltigen Naturschutzarbeit freiwillig gehandelt. Verbote werden dann irgendwann überflüssig. Das sollte unser Ziel sein.

Um dieses nachhaltige Ziel zu erreichen, ist eine regelmäßige und leicht zugängliche Information zu diesen Themen notwendig und sollte von Seiten der Stadt zur Verfügung gestellt werden.

 

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Küppers, Fraktionsvorsitzender
Dr. Renate Knauf, umweltpolitische Sprecherin

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